GRUBER BAUT 4JUU
Karl Gruber reißt es, wie man so schön sagt, richtig um: Ein Hotel in Anif vor den Toren der Festspielstadt Salzburg hat er unlängst fertiggestellt; ein weiteres ist gerade in Tirol in Bau. Dazu kommen eine Ferienanlage am Dachstein und ein Wohnprojekt in Millstatt in Kärnten. Doch Gruber ist deswegen nicht gestresst. Im Gegenteil: „Für mich gehört es zum Schönsten am Architektenberuf, dass man etwas konkret Gestalt annehmen sieht, was man davor im Kopf gehabt und als abstrakten Plan zu Papier gebracht hat.“ Zu seinen Kunden und Baustellen aus ganz Österreich reist der umtriebige Architekt nicht etwa aus Wien oder einer der anderen großen Städte des Landes an, sondern aus der Bezirksstadt Horn im Waldviertel. Der stille grüne Landstrich im hohen Norden der Alpenrepublik ist Grubers ursprüngliche
Heimat. Dorthin ist er nach Abschluss seines Architekturstudiums in Wien vor allem bei seinem Lieblingsprofessor Helmut Richter wieder zurückgekehrt: „Obwohl mir in Wien alle gesagt haben: Bleib doch da, in Horn kannst du unmöglich ins Geschäft kommen.“
BLEIBENDE SPUREN
Mit seinem 2014 gegründeten Architekturbüro 4juu hat er die Zweifler längst eines Besseren belehrt und bleibende Spuren an seinem Arbeitsort Horn hinterlassen. Im Team mit Jakob Hofbauer und Philipp Schmid sowie Office-Managerin Eda Avci hat Gruber in nur einigen wenigen Jahren bereits mehrere markante Projekte im Städtchen realisiert: Die örtliche Veranstaltungshalle, den VIP-Bereich im Stadion des SV Horn, die Erweiterung des Horner Pfadfinderheims sowie verschiedene Wohnhäuser, darunter ein kühner Zubau an ein Objekt in der Bahngasse.
AUSGEZEICHNET!
Dazu kommen viele Projekte in mehr oder weniger größerer Entfernung zu Horn. Wie mehrere Kindergärten, der Umbau des Gasthauses Mahlzig in Herzogenburg oder das attraktive Besucherzentrum des Freilichtmuseumsdorfs Niedersulz.
Auch im idyllischen Kamptal hat 4juu bereits gebaut: Ein Poolhaus sowie einen, trotz der Verwendung von Stahl, filigran anmutenden Fußgängersteg, der ein Bachbett in Rosenburg überspannt und sich mit seiner organischen Form wie ein Landschaftsteil in das Ambiente einfügt.
Die dafür zugesprochene Anerkennung beim Österreichischen Stahlbaupreis 2019 ist nicht die erste Auszeichnung für Gruber und sein Team: Beim Niederösterreichischen Holzbaupreis hat es der Architekt schon auf je eine Nominierung (2016), Anerkennung (2012) und Auszeichnung (2012) gebracht. Und das in so unterschiedlichen Kategorien wie Zu- & Umbau und Sanierung, respektive öffentlicher und Kommunalbau.
DER GRÜNE FADEN
Obwohl sich das 4juu-Portfolio durch eine große gestalterische und funktionale Vielfalt auszeichnet, die Grubers Fingerspitzengefühl für individuelle Lösungen verdeutlicht, gibt es über die klaren Formen hinaus einen verbindenden grünen Faden: einen starken Bezug zur Natur. Der drückt sich in lebenden grünen Dächern ebenso aus wie in einem hohen Anteil an Holz. Manchmal dienen Gruber ganze Baumstamm-segmente in ihrer natürlichen Form als tragende Elemente.
DEBÜT MIT 14
Die Statikberechnungen – „ich habe den größten Respekt vor der Schwerkraft“ – macht Gruber als geprüfter Ziviltechniker und Absolvent der Hochbau-HTL in Krems selbst. Den Weg dorthin geben ihm seine Eltern frei, als sie das Offensichtliche akzeptieren: Dass der Bub nicht für die Arbeit auf dem elterlichen Hof Baujahr 1855 geschaffen ist – es sei denn, es gibt etwas zu bauen oder umzubauen. „Meinen ersten Umbau habe ich mit 14 oder 15 gemacht“, erinnert sich Gruber mit einem Schmunzeln. „Meine Eltern hatten – wie auf vielen alten Bauernhöfen üb-lich – ein überdimensioniertes Schlafzimmer, während das Wohnzimmer sehr beengt war. Ich habe erfolgreich durchgesetzt, dass wir das nach meinen Plänen umgedreht haben.“
AUS REINEM INTERESSE
Dass Gruber junior das Planen und Bauen in die Wiege gelegt war, lässt sich nicht nur an der bübischen Leidenschaft für die Konstruktion von Baumhäusern und Hütten ablesen, sondern auch an den Schulnoten: Exzellent in Zeichnen, Mathematik und Physik, eher bescheiden in allen anderen Fächern.
An der HTL in Krems blüht Gruber schulisch auf. Nach der Matura heuert er bei einer Baufirma an. Wissend, „dass das noch nicht alles gewesen sein kann“, inskribiert er an der Architektur-Fakultät in Wien. „Ohne an ein Diplom zu denken, habe ich nur die Vorlesungen besucht, die mich interessiert haben.“
Als er beim Sortieren der Zeugnisse feststellt, dass er den ersten Studienabschnitt bereits so gut wie fertig hat, beschließt er die Sache durchzuziehen – und nach dem Studienabschluss zur Belohnung so weit wie möglich zu verreisen.
PLANEN FÜR PAPUA-NEUGUINEA
Folgerichtig verschlägt es den frischgebackenen Diplomingenieur mit seiner späteren Ehefrau nach Australien. Ein Vierteljahr sammelt er in einem Architekturbüro in Sydney prägende Erfahrungen: „Wir haben Projekte im tropischen Papua-Neuguinea gemacht, wo europäisches Bauen überhaupt nicht gefragt war. Da habe ich gelernt, im Gespräch und durch Beobachtungen herauszufinden, worum es geht und was zu tun ist.“ Obwohl nicht zuletzt vom Holzbau mit Bambus oder Hardwood fasziniert, lehnt Gruber das Angebot, dauerhaft in Australien zu bleiben, dankend ab. Stattdessen orientiert er sich wieder ins Waldviertel. Die Heimkehr ist auch eine in das bäuerliche Wohnen seiner Kindheit und Jugend.
BÜRODEKOR VON MAREINER
Nur, dass sich Gruber nicht auf dem Hof der Eltern niederlässt, sondern selbst in ein altes Bauernhaus zieht. Der in Holz ausgeführte Zubau hinter der historischen Fassade stiftet Grubers langjährige Beziehung zu Mareiner: Auf der Suche nach den richtigen Fassadenelementen wird der Architekt im Gespräch mit Martin Breitenberger („wir waren sofort auf einer Wellenlänge“) im Mareiner-Katalog fündig und bestellt in Sankt Marein. Wie anschließend noch so manches weitere Mal Fassadenelemente für das Besucherzentrum in Niedersulz, Interieur- und Exterieur-Paneele für die Kindergärten oder Kebony-Dielen für den Rosenburger Steg. Und Wandpaneele für die Innenausstattung des Hotels in Anif, für die es Gäste-Komplimente regnet. Die Musterbretter haben einen Fixplatz im 4juu-Büro: „Das sind liebgewonnene Dekostücke.“
HÜTTENBAUEN WIE DAMALS
Bei jedem dieser Projekte versteht sich Gruber wie in einer mittelalterlichen Dom- bauhütte als Teil einer großen Gemeinschaft ausführender Handwerker, die den vorliegenden Plan auf Augenhöhe zu- und mit respektvoller Wertschätzung füreinander zu gebauter Wirklichkeit werden lässt. So auch im Fall des WaldWildnisCamp im Nationalpark Thayatal, das Gruber in Zusammenarbeit mit den Parkrangern gebaut hat. Unter Rückgriff auf das Hüttenbau-Knowhow aus seiner Kindheit, aber mit einer technischen Unterstützung, von der er als Kind nur träumen konnte: „Eine Wanderbandsäge, mit der wir die Bäume direkt aus dem Wald vor Ort zu Blöcken gesägt haben.“