SCHLAF GUT, UND LERN` WAS SCHÖNES
Es ist der Traum aller Lehrerinnen und Lehrer: Klassen, in denen ihre Schützlinge kaum miteinander streiten und den ganzen Schultag lang guter Dinge und so konzentriert bei der Sache sind, dass ihnen nur hin und wieder Konzentrationsfehler unterlaufen. Ein derartiges Klima herzustellen, gelingt auf Dauer nicht einmal der charismatischsten Lehrkraft – und doch ist es nicht weiter schwer, den Traum von produk-tivem Unterrichten und harmonischer Klassengemeinschaft zu verwirklichen: Indem man die Schule wie die Klassenräume soweit wie möglich mit Holz baut, gestaltet und möbliert.
AUF DER SUCHE NACH BEWEISEN
Genau das geschah vor rund zehn Jahren in der Kommune Haus im steirischen Ennstal, die an die Sanierung ihrer Mittelschule ging. Unter organisatorischer Federführung von Hans Resch, der sich seinerzeit nicht nur als Bürgermeister für seine Heimatgemeinde, sondern auch im Präsidium des steirischen Holzclusters proHolz engagierte. Eben der war damals auf der Suche nach wissenschaftlichem Testgelände, erinnert sich proHolz-Kommunikationsleiterin Petra Seebacher: Wir sind damals an einen springenden Punkt gekommen: Alle in der Holzbranche haben mit der Gesundheitswirkung von Holz argumentiert, ohne dass wir sie anhandfundierter Daten beweisen konnten.“
MESSTECHNIK: ZWEIERLEI MASS
Auslöser der wissenschaftlichen Ambitionen des Holzclusters war ausgerechnet die vermeintlich wissenschaftliche Messtechnik, mit der die Fertiger von Böden, Decken und Wänden aus Holz wiederholt zu kämpfen hatten: Die Luftgütemessgeräte interpretierten die natürlichen ätherischen Öle von lack- und holzwerkstofffreier Zirbe & Co beharrlich als hochkonzentrierte Schadstoffe.
Mit Universitätsprofessor Dr. Maximilian Moser von Joanneum Research und Hans Resch fanden der steirische Holzcluster die beiden richtigen Verbündeten, um den Gegenbeweis für die Gesundheitsqualitäten von Holz anzutreten.
Moser, der in Weiz auch das Human Research Institut für Gesundheitstechnologie und Präventionsforschung leitet, hatte im Lauf der Jahre Messmethoden und Sensoren entwickelt, die unter anderem das Beobachten der Vorgänge im autonomen Nervensystem und im Stammhirn von außen ohne körperlichen Eingriff erlauben. Zu seinen Testpersonen zählte mit Astronaut Franz Viehböck auch der erste Österreicher im Weltall.
HOLZ VERSUS SPANPLATTE UND GIPSKARTON
Resch erklärte sich spontan bereit, für eine Vergleichsstudie zwei Klassen der Hauser Mittelschule in Holz ausführen zu lassen: Mit insgesamt jeweils 63 m2 Boden-, Wand- und Deckenäche aus Fichte, Tanne und Eiche sowie mit einem Vollholz-Klassenkasten aus Buche und Zirbe. Beide Klassen gibt es bis zum heutigen Tag. In den regulären Klassen hingegen dominierten Linoleum, Gipskarton und beschichtete Spanplatten.
Insgesamt nahmen während des Schuljahres von 2008 auf 2009 52 Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Schulstufe aus den Holz- sowie den Standardeinrichtungsklassen an Mosers Studie teil. Und zwar, indem sie regelmäßig 25-stündige EKG-Dauermessungen mit einem tragbaren Gerät (Heart of Man“) sowie zusammen mit ihren Lehrerinnen und Lehrern verschiedene psychologische Tests zur Ermittlung der Belastung während der Zeit in der Schule absolvierten.
ZUR ERHOLUNG IN DIE SCHULE
Besonderes Augenmerk schenkten Moser und sein medizinischer Studien-Co-Autor Richard Maierhofer von arte.med der Herzrate, die am Morgen nach dem Aufstehen in allen Klassen sehr hoch war. In den Holzklassen sank die Herzrate allerdings schnell weit unter den statistisch angenommenen Nullwert – was nichts weniger bedeutet, als dass sich die Kinder physiologisch gesehen in der Schule eigentlich erholten. Auch die Qualität der Erholung am Nachmittag und in der Nacht fiel bei den Holzklassenkindern signikant besser aus, als bei ihren Kolleginnen und Kollegen in den Klassen nach herrschendem Einrichtungsstandard. Im Durchschnitt sparen die Kinder im Holzambiente täglich rund 8.600 Herzschläge ein – eine enorme Entlastung, die es durchaus gerechtfertigt erscheinen lässt, dem Holz eine lebens-verlängernde Wirkung nachzusagen.
Täglich 8.600 Herzschläge
dank Holz gespart!
WENIGER STREIT,WENIGER FEHLER
Neben der Herzrate hatten Moser und Maierhofer auch den Vagusnerv im Blick. Je höher dessen Tonus, desto besser ist das Herz vor Infarkten geschützt – und da ließen die Werte der Holzklasse nichts zu wünschen übrig: Während der Tonuswert der Vergleichsgruppe herumgrundelte, blieb der Wert der Holzklassenschar bis spät am Abend hoch oben. Interessanterweise sprachen die Mädchen noch besser auf die atmosphärischen Effekte der Holzumgebung an als die Buben.
Zu diesen Effekten gehört nachweislich auch eine Stärkung der Konzentration bei gleichzeitiger Abnahme von Konflikten. Während das Kon-fliktpotenzial in den Standardklassen im Schuljahresverlauf anstieg, entschärfte es sich in den Holzklassen immer mehr. Doch nicht nur das freute die Lehrerinnen und Lehrer, die in den Holzklassen spürbar seltener schulkindliche Konzentrationsfehler zu korrigieren hatten als in den normal eingerichteten Klassenräumen.
ZIRBE: ERFAHRUNGSWISSEN AUF DEM PRÜFSTAND
Im Auftrag unter anderem der Bundesforste, der Fürstlich Schwarzenberg’schen Forstverwaltung Steiermark, des Bündner Waldwirtschafts-verbandes SELVA sowie des Südtiroler Bauernbundes gelang Professor Moser mit Unterstützung der Europäischen Union in einer zweiten Studie auch der Nachweis der besonderen Gesundheitswirkung der Zirbe – womit er das alte Erfahrungswissen um die Kraft des Ostalpen-baums dadurch erstmals mit dem Attribut „wissenschaftlich geprüft“ versah.
In zwei Studienteilen erhob Moser mit 30 Mitwirkenden, wie es einerseits um die körperliche und geistige Belastbarkeit und Erholungs-fähigkeit in einer Zirbenholzeinrichtung und um die Schlafqualität ebendort andererseits steht. Auch hier war es der Vergleich, der sicher macht: Getestet wurde sowohl in einem Holzdekor-Spanplattenzimmer als auch in einem Zimmer aus Zirbe massiv.
EINE STUNDE HERZARBEITSZEITVERKÜZUNG
An Eindeutigkeit ist das Ergebnis nicht zu übertreff en: Im Zirbenzimmer blieb die Herzrate auch bei körperlicher und mentaler Belastung sichtlich niedriger als im Holzdekorzimmer, in dem der vegetative Erholungsprozess hingegen wesentlich länger dauerte als im Zirben-ambiente. War die Herzfrequenz im Zirbenraum vom Wetter unabhängig, zeigte sie sich inmitten von Spanplatten luftdruckabhängig, was als „Wetterfühligkeit“ einen instabilen Kreislauf signalisiert.
Ebenso aufschlussreich fiel der zweite Studienteil aus, für den Moser seine Probanden über drei Wochen abwechselnd im eigenen Bett, in einem Holzdekorbett aus Spanplatten und einem Zirbenbett schlafen ließ. In letzterem reduzierte sich die Herzfrequenz am meisten und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer berichteten von der besten Nachterholung. Die ging bei allen mit einer Reduktion von rund 3.500 Herzschlägen – was etwa einer Stunde Herzarbeit entspricht! – sowie auch mit einer erhöhten Schwingung des Organismus im Tagesverlauf einher.
Als Motor des menschlichen Lebens spielt das Herz in den Vorstellungen und Menschenbildern aller Kulturen eine tragende Rolle. Aus Indien – wo die herzfrequenzsenkende Technik der Meditation entwickelt wurde – stammt etwa die Vorstellung, dass jeder Mensch mit einem exakt definierten Guthaben an Herzschlägen auf die Welt kommt. Dieser indischen Sicht folgend ist ein langsamerer Herzschlag also gleichbedeutend mit einem längeren Leben. Diesbezüglich unterstreichen die Forschungen von Maximilian Moser, wie wirksam Holzumgebungen zu einer längeren Lebensdauer des Herzens beitragen:
Wer sich dauerhaft mit Holz umgibt, erspart seinem Herz täglich bis zu drei und mehr Stunden Arbeit.